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Weihnachtliche
Geschichten
(Yak-Baby) - 6. Forts.
(geschrieben
von Corinna)
Nach einigen Minuten aufgeregten Erzählens wandte
sich Jitman an die Touristen in der Reisegruppe. "Er
heißt Lobsang und freut sich sehr, euch zu sehen.
Er wünscht euch eine erfolgreiche Reise und Glück
im Leben auf allen Euren Wegen. Und er fragt, ob Ihr
vielleicht eine Zigarette für ihn habt."
Eliza zwinkerte dem wilden Gesellen, der sich mit
einem strahlenden Lächeln sehr höflich in
die Richtung der Reisegruppe verneigte, freundlich
zu und kramte nach der Schachtel Camel in ihrer Daunenjacke,
die sie seit L.A. nicht mehr angerührt hatte.
"Er kann sie ganz haben", sagte sie zu Jitman,
"ich brauche sie hier nicht."
Sie gab die Schachtel dem Hirten und überglücklich
betrachtete dieser sein Geschenk, steckte eine Zigarette
in den überwiegend zahnlosen Mund und bedeutete
Jitman, er möge sie anzünden. Dies erwies
sich im heftigen Wind als schwierig, aber schließlich
stiegen kleine Rauchwolken in die kalte Luft. Mit
geschlossenen Lidern nahm er genüsslich einen
tiefen ersten Zug. Dann öffnete er die Augen,
grinste die Reisegesellschaft an, die ihn ihrerseits
hingerissen betrachtete, und verkündete stolz:
"Merry Christmas!"
Verblüfft starrten sie ihn an, Tibeter, Europäer
und Amerikaner, bis Jitman, ihr Führer, der dem
Yakhirten die ungewohnten Laute eingeflüstert
hatte, auf deutsch grinsend "Frohe Weihnachten"
rief, und alle stimmten ein.
Vor ihnen, in der dünnen Luft, lag die Himalayakette
mit den bekannten Achttausendern und vielen unbekannten
Gipfeln. Es war ein Anblick, der in dieser Klarheit
nur wenigen Leuten zuteil wird. Eliza ließ ihre
Gebetsschnipsel fliegen und ihr Blick schweifte über
die unwahrscheinliche Landschaft mit den ausgeblichenen
Felsbrocken und den bunten, im Wind flatternden Gebetsfahnen.
Die junge tibetische Mutter hatte ihr Babybündel
vom Rücken genommen und zeigte dem Kind, das
aufmerksam lauschte, den Tschörten mit seinen
unzähligen eingeritzten Gebeten, und den kleinen
Yak, der daneben mit gesenktem Kopf Schutz vor dem
eisigen Wind gesucht hatte.
Mit
unsicheren Schritten, die wegen der großen Höhe
leicht betrunken wirkten, entfernte sich Eliza ein
paar Meter von der Gruppe. Sie wollte sich dieses
Bild einprägen und für immer im Gedächtnis
bewahren.
"Das ist es, nicht wahr?", sagte das Mädchen
an ihrer Seite. Eliza nickte. "Ja, das ist es
wirklich", antwortete sie und lächelte glücklich.
Sehr bald senkte sich die Dunkelheit über das
tibetische Hochplateau und die ersten Schneeflocken
dieses Winters fielen auf die wartende Erde.
P.S. Alles das habe ich wirklich erlebt .. Merry Christmas!
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